
„Ich bin ja noch klein“, sagt Livio am ersten Tag, als ich ihn bei einem Spaziergang nach seinem Alter frage. Er sei 20 Jahre alt und komme nun ins dritte Semester, erklärt er. Ich glaube ihm in diesem Moment nicht, dass er wirklich noch ein Kind ist; schließlich hat er viele interessante Sachen zu erzählen und tut seine Ansichten mit einer beeindruckenden Ruhe und Reflektiertheit kund. Die hard facts über Livio: Er stammt aus Graubünden und studiert Klarinette am Conservatorio della Svizzera italiana in Lugano. Nach der Matura hat er zunächst den Militärdienst abgeleistet, sich dann auf die Aufnahmeprüfung vorbereitet und als Skilehrer gearbeitet und ist schließlich nach bestandener Prüfung nach Südamerika aufgebrochen. Sein Pioniergeist zeigt sich nicht nur in seinem Hang zu Weltreisen, sondern auch in seiner Alpüberschreitung zu Studienzwecken: Er ist der einzige Studienstiftler, der in der italienischsprachigen Schweiz studiert! Obwohl er kein Italienisch in der Schule hatte, hat er die Sprache innerhalb weniger Monate gelernt und spricht sie nun mit Vergnügen.

Apropos Vergnügen: Man glaubt schnell, Livio sei schon groß. Wir mussten jedoch feststellen: alles nur Tarnung! Nach nur wenigen Tagen enthüllte er sein wahres Ich und frönte ungehindert seinem Hang zum Hedonismus. Im Hotel Kaubad dann die Kulmination: Mit einer Schere schnitzt Livio während eines vierstündigen Seminars eine winzig kleine Kuh aus Radiergummi. Dazu einen kleinen Zaun und ein Schild: „KAUBAD (COWBATH)“. Auf die drohende Zerstörung seines Kuh-Kunstwerks durch ein herumgehendes Handout reagiert er mit panischem Einatmen. Herzerfrischend! Auch seine Ansagen waren herzerfrischend, man denke nur an seinen lehrreichen wie kurzweiligen Vortrag über sein Instrument. In aller Kürze erklärte er uns die Funktionsweise der Klarinette und stellte uns verschiedene Musikrichtungen vor, was eine perfekte Mischung war. Insgesamt kann man sagen, dass unser transalpiner Klarinettist eine perfekte Mischung aus allem ist: mal ernst und zurückhaltend, oft hintergründig-schelmisch, manchmal mitreißend albern. Livio, danke für diese schöne Woche mit Dir!
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