27/07/2010

Süsse Medizin - David Gerards

Veränderung ist schwer. Das durfte David feststellen, als er in die Schweiz kam, um hier zu studieren. An der Universität Zürich konnte er zwar mit seinem Wunschstudium beginnen, Vergleichender Romanischer Linguistik, doch als Deutscher sind die ersten Schritte auf dem fremden Schweizer Boden nicht einfach. Das erste Semester musste David sich einleben, zurückhaltend sein, die Schweizer Kultur kennenlernen – eine Phase der Unsicherheit, geprägt von nicht ausgesprochenen Vorurteilen und Reserviertheit der Schweizer gegenüber Einwanderern aus dem grossen Kanton. „Der Einstieg war schwer,“ berichtet David. Besonders in Zürich, wo bereits viele Deutsche leben.

Mittlerweile jedoch ist der 21-jährige angekommen: „Wenn ich jetzt nach Zürich gehe, gehe ich „nach Hause“,“ sagt David. Mittlerweile kann es sich David sogar vorstellen, auch länger in der Schweiz zu bleiben, als nur bis zum Ende seines Studiums. Das sei abhängig von der akademischen Karriere, die er sehr gerne einschlagen möchte, sagt David. Gerade seine Mutter sei stolz darauf, dass David in die Schweiz konnte, um zu studieren. Trotzdem ist sie immer mal wieder wehmütig, dass ihr Sohn „in die weite Welt“ hinausgezogen sei.

Neben dem ‚Pälzischen‘ (Dialekt der Pfalz) spricht David Deutsch, Französisch, Spanisch, Englisch, Rumänisch und ein wenig Portugiesisch. Dabei ist Rumänisch seine ‚Lieblingssprache‘: Nach dem Abitur war David für ein Sozialjahr in Rumänien, wo er auch die Sprache lernte. Er macht viel Sport, besonders gerne geht er ins Fitnessstudio und laufen. Auch Radfahren und Kochen haben’s ihm angetan.

Den SchweizerInnen wünscht er, dass sie mehr echtes Selbstvertrauen entwickeln. Toll sei es jedoch, dass in der Schweiz die ‚Ellenbogenmentalität‘ nicht so ausgeprägt sei, wie in Deutschland. „Ich kann verstehen, dass die Schweiz Deutschland und die Deutschen als arroganter empfindet,“ sagt David. Jedoch kann er das nicht bestätigen und präzisiert indem er auf das sehr unterschiedliche Naturell von Schweizer und Deutschen verweist . Die SchweizerInnen hätten, so David, einen viel höflicheren Habitus, woran sich Deutsche erst gewöhnen müssten: „Ich wurde nicht direkt auf die negative Medienberichterstattung den deutschen gegenüber angesprochen. Nur wenn ich es thematisiert habe, gab es eine Reaktion,“ berichtet David. Die SchweizerInnen getrauen sich offenbar nicht, das Thema anzuschneiden, was David sehr schade findet, sieht er doch gerade in einem offenen Dialog eine grosse Chance zu einer Verbesserung des Zusammenlebens.

Für die Fälle, wenn David wieder das Heimweh nach Meisenheim - nahe Mainz - überkommt, hat er ein besonderes Gegenmittel entwickelt: „Ich gehe in den Zürcher Bahnhof und schaue die ICEs an.“ Diese würden ihn in rund sechs Stunden nach Hause tragen. Danach geht er Appenzeller Biberli kaufen – süsse Medizin – und es gehe ihm wieder besser. In der weiten Welt, in Zürich.

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