18/07/2008

PD Dr. Ludwig Oechslin


Wenn Libellen zackig fliegen und von Fröschen geschnappt werden, wenn Wasser mit der gehöhlten Hand oder mithilfe eines Löffels eingenommen wird oder wenn eine Orange einen Kampf zwischen zwei Menschen auslöst, dann ist Ludwig Oechslin nicht weit.

Der maître horloger aus La Chaux-de-Fonds liebt Metaphoren und Bilder um seine Ideen weiterzugeben. So werden Ereignisreihen besser verständlich, und der abstrakte Begriff der Zeit kann etwas lockerer angegangen werden.
Als studierter Altertumswissenschaftler und Philosophe, der unter vielem anderem Geschichte der Wissenschaften and der Uni Neuchâtel und der ETHZ unterrichtete, und vor allem als passionierter Uhrenmacher kennt sich Oechslin mit dem Konstrukt der Zeit, der Entstehung der ersten Uhren und deren fortlaufenden Entwicklung bis heute bestens aus. Und seine Meinung ist klar: Die Uhr, das ist die Verbindung von Technik (mit dem Uhrwerk) und Kultur (dem Anzeigeblatt in seinen verschiedenen Erscheinungsformen).

Dass sich das musée international d’horlogerie und damit Herr Oechslin sich in der Hochburg der Uhrenindustrie, in La Chaux-de-Fonds, befinden, ist keine Überraschung. Die Frage ist eher, weshalb gerade La Chaux-de-Fonds im Jura sich zu dieser Uhrenhochburg mauserte. Herr Oechslin erklärt es vor allem mit dem geografischen und geschichtlichen Hintergrund des Juras: viel angesammeltes (fein-)mechanisches Wissen (u.a. der in die Schweiz geflüchteten Hugenotten) und der Zwang, aus importierten Rohstoffen einen Gegenstand mit möglichst grossem Mehrwert zu kreieren, veranlasste die Jurassier, sich in der Uhrenfeinmechanik zu spezialisieren. Einen Zusammenhang der Vielfältigkeit der Schweiz, der föderalistischen Organisation oder gar dem System der direkten Demokratie mit der Entwicklung der Uhrenindustrie verneint er.

Herr Oechslin kennt viele Regionen der Schweiz ist: Er arbeitet im jura francophone, hat Wurzeln in Luzern und unterrichtete unter Anderem in Zürich. Und zum Thema der kulturellen und geografischen Offenheit finde ich folgende Aussage bezeichnend: „Ich verkaufe meine Uhr nur an zwei Orten: In Luzern und im Internet.“

Colette

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